Hoch oben in den Lüften, weit weg von Klischees, sozialen Erwartungen und gesellschaftlichen Normen, scheint die Freiheit manchmal grenzenlos.
Fragt man nach Pionieren der Luftfahrt, kommen häufig die Gebrüder Wright oder Graf von Zeppelin in den Sinn. Aber welche Frauen haben Luftgeschichte geschrieben und die Menschen ihrer Zeit durch ihren Wagemut und ihre Leistungen beeindruckt? Und welche Hindernisse mussten sie aufgrund ihres Frauseins meistern? Exemplarisch werden einige dieser Frauen in den Kontext ihrer Zeit gestellt.
Die Französin Sophie Blanchard (1778-1819) war nicht die erste Frau, die hoch in die Lüfte stieg. Sie war aber die erste professionelle Fliegerin, die vom Ballonfahren leben konnte. Auch war sie die erste Frau, die bei einem Flugunfall verstarb.
Sophie Blanchard war in ganz Europa für ihre Luftfahrten bekannt. Ihre Shows und ihre waghalsigen Expeditionen im Ballon, einschließlich einer Alpenüberquerung, waren umjubelt.
Napoleon I, besser bekannt als Napoleon Bonaparte, war von ihr und ihren Leistungen so angetan, dass er sie zur kaiserlichen Aeronautin erhob. Sie stieg sowohl zu Napoleons Hochzeit als auch zur Geburt seines Sohnes zur Belustigung der Bevölkerung in die Luft.
Das Ballonfliegen hatte Sophie Blanchard einst von ihrem Mann gelernt. Nach dessen Tod führte sie diese Tätigkeit alleine weiter, bis sie bei einer Show mit ihrem brennenden Ballon vom Himmel fiel und verstarb.
Mehr als 100 Jahre nach Sophie Blanchard schrieben Frauen die weiblichen Fluggeschichte weiter. Die Amerikanerin Amelia Mary Earhart (1897-1937) beschloss Fliegerin zu werden. Ihre Eltern waren davon ganz und gar nicht begeistert und verwehrten ihr jegliche Unterstützung. Kurzerhand finanzierte sie sich ihren Traum selbst – keine Selbstverständlichkeit für eine Frau ihrer Zeit. Unterricht nahm sie bei Neta Snook (1896-1991), der ersten Pilotin mit eigener Flugschule. Bekannt wurde letztere deshalb, weil sie Amelia Earhart das Fliegen beibrachte.
Amelia Earhart wurde überaus erfolgreich und war in aller Munde: Sie war die erste Frau, die den Atlantik alleine mit einem Flieger überquerte. Auch brach sie 1937 zu einer Weltumrundung auf, von der sie jedoch nicht wiederkehrte. Auf einer der letzten Etappen stürzte sie ab und wurde nie gefunden.
Als die Deutsche Elly Beinhorn (1907-2007) einen Vortrag über das Fliegen hörte, wurde ihr schlagartig klar, dass genau das ihre Zukunft war. Ihre Eltern waren entsetzt, und so musste auch sie sich ihren Traum selbst finanzieren. Sie machte den Kunstflugschein und wurde von der Presse schon bald als schöne Fliegerin bejubelt.
Elly Beinhorn stellte gleich mehrere Rekorde auf: 1931 wagte sie einen Alleinflug nach Afrika. Nachdem sie auf dem Rückweg notlanden musste und dennoch gesund und unversehrt nach Hause kam, wurde sie dafür gefeiert.
Ein Jahr später brach sie zu einer Weltumrundung auf. Auch auf dieser Expedition musste sie eine Notlandung hinlegen, konnte ihr Vorhaben anschließend jedoch beenden. 1934 reiste Elly Beinhorn in die USA, um die berühmte Amelia Earhart zu treffen.
Fliegende Frauen entsprachen nicht den traditionellen Rollenmustern der Zwischenkriegszeit. Ehe und Kindererziehung, Häuslichkeit und Sittsamkeit - das sollten Frauen idealerweise verkörpern und leben. Fliegende Frauen betraten männliche Lebensräume. Dennoch wurden sie nicht als ebenbürtig angesehen.
Frauen durften fliegen, solange ihre traditionelle weibliche Rolle, ihre dienende Hingabe in einer selbst geschaffenen und von der Männerwelt geduldeten und definierten Nische, gewährleistet blieb […].
Durch einen Spagat konnte das traditionelle Rollenbild in der Gesellschaft gehalten werden. Zum einen wurden Fliegerinnen für ihre sportliche Leistungen bewundert. Gleichzeitig wurden ihre Erfolge aufgrund ihrer Weiblichkeit bzw. ihres Frauseins kleingeredet. Aber nicht alle wollten in das typische weibliche Rollenbild zurückgedrängt werden.
Elly Beinhorn und Amelia Earhart verband mehr als nur das Fliegen. Beide kämpften unabhängig voneinander auf verschiedenen Kontinenten gegen die gleichen Vorurteile an: Die Eltern beider Frauen waren der Meinung, dass das Fliegen keine angemessene Beschäftigung für Frauen sei. Unabhängig davon verwirklichten beide ihren Traum und wurden berühmte Fliegerinnen.
Auch hatten beide vergleichbare Vorstellungen von Liebe und einer eigenen Familie: Keine der beiden wollte sich binden, da sie befürchteten, ihre geliebte Fliegerei aufgeben zu müssen. Ein Leben als Hausfrau kam nicht in Frage, obwohl das zum Lebensentwurf einer Frau gehörte.
Zwei hartnäckige Verehrer brachten sie zum Traualtar, aber die Fliegerei gaben sie nicht auf. Dem typischen Rollenbild einer „normalen“ Familie, in der die Frau die Rolle der treusorgenden Ehefrau und Mutter übernahm, wollten und konnten sie nicht entsprechen.
Sie blieben sich selbst treu und verwirklichten ihre Träume, an die anfangs nur sie selbst geglaubt hatten. Auch bewiesen sie entgegen der damaligen Meinung, dass Frauen sehr wohl in der Lage zum Fliegen sind.
Literaturhinweise: