Frauenrollen

Venezianische Barockmalerin

Venezianische Barockmalerin

Sie schuf Stillleben, die mehr als nur Bilder waren. Ihre Bilder waren so detailliert und akribisch gemalt, als wären es wissenschaftliche Studien. Doch sie fertigte auch Portraits an und entwickelte eine spezielle Technik, die sich zwischen Malerei und Zeichnung ansiedeln lässt.

Giovanna Garzoni unterwegs in Europa

Die Barockmalerin Giovanna Garzoni (1600-1670) stammte aus den Marken, hatte aber venezianische Vorfahren. Später zog sie mit ihrem Bruder nach Venedig. Dort lernte sie bei ihrem Onkel Pietro Gaia und bei einem Kalligraphen. Sie zeigte großes Talent und wurde bald für ihr Können bekannt.

Ihre Werke waren jedoch nicht nur in Venedig bekannt, ihr Talent führte sie auch in andere italienische Städte wie Rom, Florenz oder Turin. Sie reiste sogar nach Paris und wahrscheinlich auch nach London. Durch ihre Kontakte baute sie sich ein Netzwerk auf, das ihr den Zugang zu den unterschiedlichsten Künstlerkreisen ermöglichte.

Im Auftrag der Medici

Ab etwa 1642 wirkte sie in Florenz, wo sie vor allem für die einflussreiche Familie der Medici tätig war. In dieser Zeit erlangte sie große Popularität, Ruhm und Reichtum. Sie konnte viele ihrer Werke verkaufen, wobei sie so bekannt war, dass sie den Preis selbst bestimmen konnte.

Später lernte sie in Florenz Jacopo Ligozzi kennen, einen erfahrenen wissenschaftlichen Tier- und Pflanzenmaler. Sie perfektionierte ihren Malstil, definierte ihn als eine Mischung aus wissenschaftlicher Beobachtung und Stillleben.

Wissenschaftliche Kontakte

Die naturwissenschaftlich orientierte Giovanna Garzoni unterhielt Kontakte zur Accademia dei Lincei, einer bedeutenden wissenschaftlichen Gemeinschaft in Rom, der auch Galilei angehörte. Ihre Studien einzelner Pflanzen und Insekten ähneln den botanischen Zeichnungen der Lincei.

Durch das genaue Studium und die Darstellung natürlicher Formen versuchte sie, deren Wesen zu verstehen. 1650 ließ sie sich endgültig in Rom nieder, wo sie bis zu ihrem Tod lebte und enge Kontakte zur Accademia di San Luca unterhielt.

Vom Nebel umhüllt

Sie war zu Lebzeiten über die Landesgrenzen hinaus bekannt, wurde dann jedoch schon bald vergessen. Hätte es einen Unterschied gemacht, wenn ein Mann den Pinsel gehalten und die Bilder gemalt hätte? Warum ist es bei Frauen häufig so, dass sie zu Lebzeiten zu Ruhm und Berühmtheit gelangen, nach ihrem Tod aber schnell in Vergessenheit geraten, während man berühmter Zeitgenossen noch heute mit Bewunderung gedenkt?

Nun, es gibt genug Männer, die in ihren Schriften erklärt haben, warum Frauen kein Talent für alles Künstlerische haben. Was haben bekannte Persönlichkeiten wie Friedrich Nietzsche, Richard Wagner, Albert Einstein, Thomas Mann, Kurt Tucholsky und Wilhelm Busch gemeinsam? Sie alle verehrten Arthur Schopenhauer, der als Frauenfeind bekannt war.

Das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und kurzheinige Geschlecht das schöne nennen konnte nur der vom Geschlechtstrieb umnebelte männliche Intellekt: in diesem Triebe nämlich steckt seine ganze Schönheit. Mit mehr Fug, als das schöne, könnte man das weibliche Geschlecht das unästhetische nennen. Weder für Musik, noch Poesie, noch bildende Künste haben sie wirklich und wahrhaftig Sinn und Empfänglichkeit; sondern bloße Aefferei, zum Behuf ihrer Gefallsucht, ist es, wenn sie solche affektiren und vorgeben.

Lange Zeit hielt sich der Glaube, dass Frauen und Kunst nur dann zusammengehören, wenn eine Frau von einem Mann künstlerisch verarbeitet wird, also gemalt, besungen oder ähnliches. Damit wurde den Frauen jegliche künstlerische Fähigkeit abgesprochen, obwohl einige Frauen, wie z.B. Giovanna Garzoni, zu Lebzeiten durchaus erfolgreich künstlerisch tätig waren.

Literaturhinweise:

  • Barker, Sheila. 2020. “The Immensity of the Universe” in the Art of Giovanna Garzoni. Sillabe.
  • Barker, Sheila. 2018. ‘Marvellously Gifted’: Giovanna Garzoni’s First Visit to the Medici Court, The Burlington Magazine, 160, S. 654–659.
  • Danzer, Gerhard. 2014. Europa, deine Frauen: Beiträge zu einer weiblichen Kulturgeschichte. Springer.
  • Meloni Trkulja, Silvia & Elena Fumagalli. 2000. Giovanna Garzoni: Stilleben. Bibliothèque de l’image.

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