Frauenrollen

Kolumbianische Heldin

Kolumbianische Heldin

Sie ist die bekannteste Heldin Kolumbiens im Kampf um die Unabhängigkeit von Spanien: Policarpa Salavarrieta (1795-1817), genannt La Pola.

Obwohl sie in einem Land mit einem konservativen Frauenbild lebte, gelang es ihr, mit “männlichen” Eigenschaften wie Kampfgeist und Mut zur Heldin der Unabhängigkeitsbewegung zu werden. Dies brachte ihr große Bewunderung und Verehrung, aber auch einen frühen Tod ein. Für ihren Kampf wurde sie öffentlich vor einer großen Menschenmenge hingerichtet.

Du apathisches Volk! Wie anders wäre heute dein Schicksal, wenn du den Preis der Freiheit kenntest! Sieh, obwohl ich jung und eine Frau bin, habe ich genug Mut, diesen Tod und tausend Tode mehr zu sterben! Vergiss dieses Beispiel nicht!

  • La Pola, kurz vor ihrer Hinrichtung.
Tür zur Oberschicht des Landes

La Pola wurde in die kolumbianische Unterschicht hineingeboren. Sie war wissbegierig und politisch interessiert, wurde aber früh Vollwaise.

Als sie als junge Frau nach Bogotá ging, um als Näherin ihren Lebensunterhalt zu verdienen, gelang ihr bald der Aufstieg in die Oberschicht. Denn ihre Arbeit führte sie in die Häuser der Oberschicht, wo sie die unterschiedlichsten Kontakte knüpfte. So konnte sie ein Netzwerk von Patrioten aufbauen, die die Unabhängigkeit des Landes anstrebten.

Die Spionin erwacht

Sie zog aufs Land zurück, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte. 1816 wurde sie von einem Oberst als Spionin angeworben. Sie sollte nach Bogotá zurückkehren, um sich dort für die patriotische Sache einzusetzen, wofür sie falsche Papiere erhielt. Mutig machte sie sich an die Arbeit, sammelte Informationen und freundete sich mit spanischen Soldaten an. Die Informationen schmuggelte sie in ausgehöhlten Orangen durch die Stadt.

Doch dann flog sie auf. Obwohl sie gewarnt wurde, verließ sie die Stadt nicht. Sie wurde verhaftet und mit nur 22 Jahren von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt.

Gegenentwurf zur “normalen” Frau

Kolumbien ist bekannt als Land des machista, der Macho-Mentalität. Das hat eine lange Geschichte, ist für viele Tradition und gehört zum Alltag. Auch heute noch gehört Kolumbien zu den Ländern, in denen Frauen viel Benachteiligung und Gewalt erfahren, sowohl auf der Straße als auch zu Hause. Von Frauen wurde und wird zum Teil noch heute eine untergeordnete Rolle erwartet, denn die verbreiteten Männlichkeits- und Weiblichkeitsideale geben Rollenbilder vor. Dies drückt sich auch in Machtstrukturen aus, die wiederum häufig zu sexualisierter Gewalt gegen Frauen führen.

La Pola war anders, entsprach nicht dieser Vorstellung einer “normalen” Frau. Sie ging als Akteurin, als aktiv Handelnde aus der Unterschicht in die Geschichte des Landes ein und widersprach damit dem traditionellen Rollenbild, lieferte einen Gegenentwurf.

Sei die Heldin deines Lebens, nicht das Opfer.

  • Nora Ephron (1941-2012, US-amerikanische Schriftstellerin).

Ihr kurzes Leben, ihr Mut und ihre Entschlossenheit inspirierten schon bald nach ihrem Tod zahlreiche Dichter und Schriftsteller. So entstanden Biographien, Gedichte, Biografien, Theaterstücke und Romane über sie und ihr Leben.

Ihr Porträt ziert Münzen, Geldscheine und Briefmarken. Seit 1967, ihrem 150. Todestag, wird in Kolumbien der Tag ihrer Hinrichtung als Tag der kolumbianischen Frau begangen.

Literaturhinweise:

  • Harter, Friederike. 1997. Frauen in Kolumbien: Opfer des Machismo - Protagonistinnen ihrer eigenen Geschichte. IN: Werner Altmann, Thomas Fischer & Klaus Zimmermann (Hgg.): Kolumbien heute : Politik, Wirtschaft, Kultur. Vervuert, S. 371-389.
  • Karnofsky, Eva & Barbara Potthast. 2012. Mächtig, mutig und genial: vierzig außergewöhnliche Frauen aus Lateinamerika. Rotbuch-Verlag.
  • Molyneux, Maxine. 2000. Hidden Histories of Gender and the State in Latin America. Duke University Press.