Frauen haben im Laufe der Jahrhunderte bedeutende Entdeckungen und Errungenschaften in der Forschung erzielt. Doch kaum jemand kennt ihre Namen, denn die Leistungen von Frauen wurden oft verschwiegen und unsichtbar gemacht.
Während beispielsweise Otto Hahn für die Entdeckung der Kernspaltung den Nobelpreis für Chemie erhielt, ging seine Kollegin, die Physikerin Lise Meitner, leer aus, obwohl sie maßgeblich an der Entdeckung beteiligt war. Ähnlich erging es Mileva Maric, der ersten Ehefrau Albert Einsteins, die möglicherweise mehr zur Relativitätstheorie beigetragen hat als bisher angenommen. Ein ähnliches Schicksal ereilte die britische Biochemikerin Rosalind Franklin. Sie machte bahnbrechende Entdeckungen über die DNA-Doppelhelix. Ausgezeichnet wurden jedoch zwei Männer, Francis Crick und James Watson, die ohne Erlaubnis unveröffentlichte Daten von Rosalind Franklin verwendet hatten - ein historischer Ideendiebstahl.
Die Liste der Frauen, die große wissenschaftliche Leistungen vollbracht haben, aber unbeachtet und vergessen geblieben sind, ist lang. Diese systematische Form der Diskriminierung, bei der sich Männer ins Rampenlicht drängen, während Frauen, die entscheidende Beiträge leisten, im Schatten der Männer stehen, wird heute als Matilda-Effekt bezeichnet.
Die Amerikanerin Matilda Joslyn Gage veröffentlichte 1883 einen Text über Frauen als Erfinderinnen. Darin stellte sie fest, dass keine Behauptung über Frauen so weit verbreitet sei wie die, dass Frauen kein erfinderisches oder mechanisches Genie besäßen. Matilda Gage wies darauf hin, dass solche Behauptungen leichtfertig oder aus Unwissenheit aufgestellt werden, wenngleich Tradition, Geschichte und Erfahrung gleichermaßen beweisen, dass Frauen diese Fähigkeiten in hohem Maße besitzen. Obwohl die wissenschaftliche Ausbildung von Frauen so lange vernachlässigt wurde, wurden einige der wichtigsten Erfindungen der Welt von Frauen gemacht.
Rund hundert Jahre später entdeckte die Historikerin Margaret Rossiter diesen Text und begann, sich mit den verdrängten Frauen und ihren Leistungen in der Forschung auseinanderzusetzen. In Anlehnung an die Autorin des Textes aus dem 19. Jahrhundert nannte sie dieses Phänomen den Matilda-Effekt.
So viele Frauen leisteten im Laufe der Zeit wertvolle Arbeit, aber ihre Kollegen oder Ehemänner erkannten dies nicht an und erwähnten sie einfach nicht.
Ein Grund dafür ist, dass Frauen lange Zeit als Assistentinnen oder Sekretärinnen eingestellt wurden und als solche in den Studien nicht erwähnt wurden, egal wie wichtig ihr Beitrag zum Erfolg war. Hinzu kam, dass Frauen ab einem bestimmten Zeitpunkt neben der wissenschaftlichen Arbeit auch die Rolle der Hausfrau und Mutter übernahmen und insgesamt weniger ernst genommen wurden als ihre männlichen Kollegen.
Doch beim Matilda-Effekt handelt es sich nicht um ein vergangenes Phänomen, er ist auch heute noch in der Wissenschaft zu beobachten. Er zeigt sich zum Beispiel im sogenannten Gender Citation Gap. Darunter versteht man, dass in wissenschaftlichen Arbeiten männliche Forschende überproportional häufig zitiert werden, während weibliche Forschende eher unerwähnt bleiben.
Auch als Vortragende gelten Männer bis heute häufig als seriöser und kompetenter. Insgesamt schlägt sich dies auch in der Entlohnung nieder: Nach wie vor verdienen Männer für gleichwertige Arbeit in der Regel mehr als Frauen. Damit werden immer noch weit verbreitete Klischees bedient: Ein kompetenter Wissenschaftler ist männlich und idealerweise weißhäutig. Naja …
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