Deutschland 1945. Unsägliches Leid, unzählige Tote, viele zerstörte Städte, der Krieg ist vorbei - Zeit für Aufräumarbeiten, für einen Neuanfang nach dem Krieg. Doch genau wie zu Hitlers Zeiten wird auch jetzt Propaganda gezielt eingesetzt, um ein gewünschtes Bild zu inszenieren.
Für die Nationalsozialisten waren Frauen in erster Linie Gebärmaschinen, die genügend Nachwuchs für das Deutsche Reich produzierten. So wurden sie in der NS-Propaganda dargestellt. Besonders tüchtige Frauen, die dem Idealbild entsprachen, erhielten Mutterorden, im Volksmund auch Karnickelorden genannt.
Kein Wunder also, dass die Nazis nach ihrer Machtergreifung den Muttertag zum Feiertag erklärten. Denn die Mütter garantierten durch ihre Söhne die Zukunft des Deutschen Reiches.
Doch als mit dem Krieg die Männer immer rarer wurden, endete für viele Frauen auch der zuvor so hochgelobte Alltag als Hausfrau und Mutter. Die Frauen wurden zum Arbeitsdienst einberufen, sie leisteten nun Schwerstarbeit in den Rüstungsfabriken zu - welch Überraschung - geringeren Löhnen als die Männer. Gleiche Arbeit, weniger Geld - ein altes Lied …
Ein Bild prägte die Zeit nach 1945 in Deutschland: gut gelaunte, tatkräftige Frauen, die relativ schick gekleidet und sogar geschminkt die körperlich sehr anstrengenden Aufräumarbeiten in den Trümmern der Städte verrichten. Doch das Bild trügt, es ist inszeniert.
Denn nach Kriegsende prägte eine groß angelegte Medienkampagne den Begriff der Trümmerfrauen und inszenierte mit gestellten Fotos ein gewünschtes Bild der Frauen, die sich für den Wiederaufbau des Landes einsetzten.
Frauen waren zwar an der Trümmerbeseitigung beteiligt, aber eher selten. Zunächst wurden deutsche Kriegsgefangene und NSDAP-Mitglieder von den alliierten Besatzungsmächten für diese Arbeiten eingesetzt. Später wurden auch Freiwillige gesucht und Arbeitslose verpflichtet, die dadurch bessere Lebensmittelkarten erhielten. Die Hauptarbeit leisteten jedoch engagierte Baufirmen.
Die deutschen Heldinnen, die scheinbar allein die Aufräumarbeiten übernahmen, wurden einerseits als unschuldig, andererseits als tüchtig und willensstark dargestellt. Die Inszenierung der tatkräftigen Frauen, die diese Arbeit fast liebevoll verrichteten, stieß bei den Arbeiterinnen durchaus auf Unverständnis. So sind Zeugnisse überliefert, in denen sich Frauen verbittert über diese Inszenierung äußerten und ihre Version der Ereignisse schilderten.
Frauen, die an den Aufräumarbeiten beteiligt waren, berichteten, dass sie ihre letzten Kräfte, ihre letzten Kleider für die Aufräumarbeiten eingesetzt hätten. Ganz einfach, weil sie irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienen mussten. Das ist weit entfernt von dem inszenierten Mythos der Trümmerfrau.
In der DDR hielt sich der Mythos der Trümmerfrauen noch lange, diente er doch dem Idealbild der neuen sozialistischen Frau. Und nach der Wiedervereinigung diente das Bild der Trümmerfrauen dazu, an die gemeinsame Leistung und Opferbereitschaft der Deutschen zu erinnern und damit eine gemeinsame Erinnerung zu schaffen.
Literaturhinweise: