Frauenrollen

Frau auf dem Bau

Frau auf dem Bau

In typischen Männerberufen, die mit harter, anstrengender Arbeit und einem gewissen Risiko verbunden sind, sind Frauen, wenn überhaupt, erst in den letzten Jahren vertreten.

Moment mal - das stimmt so nicht! Denn schon vor über 100 Jahren gab es, wenn auch nur vereinzelt, Frauen, die in sogenannten Männerberufen durchaus erfolgreich waren.

Damit sind wir auch schon bei der nächsten Herausforderung: Wie sollen Frauen in “eindeutigen” Männerberufen bezeichnet werden? Oder wie nennt man einen weiblichen Zimmermann? Zimmermannin? Zimmerfrau, ohne dabei an eine Reinigungskraft im Hotel zu denken?

Frau beherrscht das Zimmererhandwerk und das Bauzeichnen

Die Deutsche Emilie Winkelmann (1875-1951) schlug schon früh einen für Frauen ungewöhnlichen Berufsweg ein und erlernte im 19. Jahrhundert im Baugeschäft ihres Großvaters das Zimmererhandwerk. Anschließend arbeitete sie dort als Zeichnerin, bis der Betrieb 1901 schließen musste.

Danach war Emilie Winkelmann in verschiedenen Architekturbüros tätig. Mit der Zeit gelang es ihr, ohne Abitur als Hospitantin zum Studium an der TH Hannover zugelassen zu werden. Sie überzeugte mit beeindruckenden Kenntnissen.

Doch ihr großer Traum vom Diplom blieb ihr verwehrt. Denn offiziell durften Frauen erst ab 1908 studieren. Sie war ein paar Jahre zu früh dran.

Selbstständige Architektin

Um 1907/8 eröffnete Emilie Winkelmann ihr eigenes Architekturbüro in Berlin. Damit war sie die erste selbständige Architektin Deutschlands. Kein Projekt schien ihr zu schwierig, und die Bauherren vertrauten ihrem Können.

Bald hatte sie mehr Aufträge als manch männlicher Kollege. Sie entwarf Brücken, Fabriken, Gutshöfe, Holzhäuser, Hotels, Privatvillen und Schulen. Da sie selbst das Zimmererhandwerk gelernt hatte, fiel sie durch ihren professionellen Umgang mit den Handwerkern auf.

Was bleibt von Emilie Winkelmann?

Dann brach der Erste Weltkrieg aus und die Aufträge blieben aus. 1928 wurde Emilie Winkelmann in den Bund Deutscher Architekten aufgenommen. Es folgte die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges, in der sie ihre Arbeit als Architektin weitgehend einstellte.

Ihre letzten Jahre verbrachte sie in der Nähe von Bielefeld. Mehrere ihrer Bauten stehen heute unter Denkmalschutz.

Literaturhinweise:

  • Notz, Gisela (Hg.). 2018. Wegbereiterinnen. Berühmte, bekannte und zu Unrecht vergessene Frauen aus der Geschichte. Neu-Ulm: AG SPAK Bücher.
  • Ricon Baldessani, Sonia. 2001. Wie Frauen bauen. Architektinnen. Von Julia Morgan bis Zaha Hadid. Berlin: AvivA Verlag.